Das Birkenheider Haus

Das zweite, eingeschossige Gebäude, erbaut um 1700, stammt aus Birkenheide, einer Siedlung auf der Saalfelder Höhe. Es ist ebenso wie das Unterhaseler Haus ein Wohn-Stall-Haus. Die Bewohner dieses Hauses (im Volksmund auch „Wäldler“ oder „Bergler“ genannt) gehörten einer niederen sozialen Schicht an, als der wohlhabende Bauer des Unterhaseler Hauses. In den Höhenlagen des Thüringer Waldes war Ackerbau nur bedingt möglich, sodass man sich hauptsächlich mit handwerklichen Arbeiten und Waldarbeiterberufen seinen Lebensunterhalt hart erarbeiten musste. Der mit Holz verkleidete Teil nahm ursprünglich den Stall auf, jetzt befindet sich darin eine Laborantenapotheke aus Rohrbach. 1914 wurden einige bauliche Veränderungen vorgenommen, u.a. die Verlegung des Haupteinganges an die Rückseite, der nachträgliche Einbau von Fenstern in den ehemaligen Stall, der Einbau einer Trennwand zwischen Küche und Flur. Dem Standort im Schiefergebirge entspricht die reichliche Verwendung von Holz und Schiefer beim Bau des Haussockels und des Küchenofens.

Flurküche

Birkenheider Haus

Die Flurküche ähnelt in Funktion und Ausstattung der Küche im Unterhaseler Haus. Sie bot Zugang zum Stall, zur Stube und zum Boden. Der Kochofen mit Sitzgrube ist aus übereinander geschichteten Schieferplatten errichtet. Die Ausstattung, wie Dreibein, Blasebalg, Krüge, Kienspanhalter und anderes mehr, wird ergänzt durch Küchengerätschaften, zum Beispiel unterschiedliche Quirle, hergestellt aus Ästen von Kiefern und Fichten.

Stube

Birkenheider Haus

Im Aufbau gleicht die Stube im Birkenheider Haus der Unteren Stube im Unterhaseler Haus – ein Napfkachelofen mit großer Wasserblase sowie kleiner und großer Hölle, ein immerwährender Kalender im Türrahmen zum Flur und die eingeritzte Inschrift K+M+B (Drei heilige Könige Kaspar, Melchior und Balthasar als Heilsbringer und Segenswunsch) im Türrahmen zur Schlafkammer, bestickte Bänder und Strümpfe, einer Uhr. Die Gegenstände erscheinen einfacher und rustikaler im Gegensatz zur Ausstattung des Unterhaseler Hauses.

Auf dem Tisch liegt ein kleiner Brief der Mutter an ihre Kinder. Darauf ist zu lesen: „Liebe Kinder bin auf dem Acker. Vergesst die Hühner nicht zu füttern und macht keine Dummheiten. Eure Mutter“

Schlafkammer

Birkenheider Haus

Die Schlafkammer ist deutlich kleiner als im Unterhaseler Haus. Die Möbelstücke, zum Beispiel das Baldachinbett oder die Wiege, sind schön bemalt und mit den Initialen der Familie und dem Anschaffungsdatum gekennzeichnet. Ein farbenprächtiger Brautkranz mit kräftig blauen, grünen, weißen und gelben Stoffblumen auf vergoldetem Grund in einem ursprünglich vergoldeten Rahmen ziert den Raum. Im Inneren des Kranzes ist ein Papierherz mit handgeschriebenem Liebesbrief.

Laborantenapotheke

Birkenheider Haus

Durch eine Schenkung fand das historische Inventar der Landapotheke von Rohrbach eine rekonstruierte Aufstellung im ehemaligen Stall des Birkenheider Hauses. Noch von 1868 bis 1881 wurde sie von Hr. Lorenz Möller in Rohrbach betrieben. Ein Apothekenrevisor bescheinigte: „ganz ausgezeichnet gut angelegte Apotheke“, die „zu Vorbild dienen könnte“. Im Zuge der Restaurierungen in den 1970er Jahren wurden alte Farbschichten entfernt und die charakteristische Farbgebung in Rot-Grün wiederhergestellt.

Die Vielseitigkeit eines Apothekers der damaligen Zeit und der damit verbundene Olitätenhandel stellt eine Besonderheit des Gebietes um Schwarzburg-Rudolstadt dar. Der Verkauf von Balsamen, Ölen und Tinkturen brachte die Händler bis nach Holland, Ungarn, Österreich, wovon beispielsweise das Vorderteil des Sägefisches als Souvenir kündet. Seinen Höhepunkt erreichte der Handel in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, wobei oft ein beträchtlicher Teil der Ortseinwohner als Olitätenhändler tätig waren (Amtsbezirk Königsee 350 Olitätenhändler). Mit der Wende zum 20. Jahrhundert verlor dieser Handel an Bedeutung und pharmazeutische Betriebe übernahmen die Produktion.

Im Apothekenschrank wurden unterschiedlichsten Gewichte, Werkzeuge und Gerätschaften, die man zur Herstellung, Lagerung und Verabreichung der Produkte benötigte, aufbewahrt. Mit Hilfe der Destille stellte der Apotheker seine Elixiere her. Er konnte bis zu 54%igen Alkohol brennen, entweder aus Getreide oder Kartoffeln. Neben der Destille auf dem Regal stehen schön verzierte und mit Sprüchen beschriftete Tongefäße, zum Beispiel: „Alle Jungfern auf der Erde wollen gerne Weiber werden“. Im Raum steht ein Mörser mit Pistill. Durch Ausnutzung der Federkraft des Astes wurde die Arbeit des Stampfens und Zerkleinern erleichtert. Viele unerlässliche Gerätschaften und Gegenstände eines Apothekers sind im Raum in den Regalen oder auf der Ladentheke zu entdecken, wie Apothekergläser, Waagen, Schröpfköpfe, Pillenbrett, Spanschachteln, Rezeptbüchlein, Mörser, Klistierspritze zur Lösung von Verstopfung, Krüge, Weindekantierer (einem Krug mit vielen Korken, um Fest- und Trübstoffe beim Ausgießen des Weines im Krug zu belassen), Kerbholz.

Für den Buckelapotheker war das Traggestell oder auch Reff das Transportmittel für den Handel mit Tinkturen, Ölen, Salben, Balsame, Kräutern und Tees. Um Ländergrenzen überschreiten zu dürfen benötigte er einen fürstlichen Passierschein.