Das Unterhaseler Haus

Das zweigeschossige Wohnhaus stammt aus Unterhasel, in der Nähe von Rudolstadt, in der fruchtbaren Saaleaue, dessen Haupterwerbsgebiete Ackerbau, Viehzucht und Fischerei waren. Da dieser Ort wiederholt von schweren Überschwemmungen betroffen wurde (vor dem Bau der Hohenwarte- und Bleilochtalsperre) gaben die Bewohner diesen Ort in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts auf.

Dieses in maßvollem Fachwerk gegliederte Haus auf steinernem Sockel wurde 1667 erbaut (über dem Türsturz eingraviert). Es zeigt in Aufbau und Inneneinrichtung, dass es das Haus eines wohlhabenden Mittelbauern war. Besitzer war die Familie Hammer, die sich seit dem 16. Jahrhundert nachweisen lässt, über umfangreiche Ländereien verfügte, das Prädikat eines „Schwarzburgischen Hoffischers“ trug und wiederholt das Schultheißenamt ausübte.

Es handelt sich um ein in Thüringen typisches Wohn-Stall-Haus (Rähmbauweise), das heißt, die in der Mitte liegende Flurküche teilt das Haus in Scheune und Wohnteil. Das Obergeschoss ist unabhängig vom Untergeschoss aufgesetzt und nimmt Altenteil mit Wohnstube und Schlafkammer, Vorratskammer, Gute Stube und Schlafkammer auf.

Flurküche

Unterhaseler Haus

Die Flurküche verbindet Scheune und Wohnteil in einem Wohn-Stall-Haus. Ein typisches Element ist die Halbtür. Die Zweiteilung sorgte dafür, dass tagsüber Licht und Frischluft in das Haus kommen, der Raum aber dennoch, z.B. für Tiere, geschlossen blieb. Im Eingangsbereich standen Dinge, die sofort griffbereit sein mussten, wie Holzbutte für Trinkwasser, Wasserkrug zum Holen von Brunnenwasser oder Stiefelknecht zum leichteren Ausziehen der Stiefel. Im Treppenaufgang hängen zwei Schulzenhörner, die sich stets im Haus des Schultheißen befanden. Sie dienten der Warnung bei Bränden oder drohendem Hochwasser.

Küche

Unterhaseler Haus

Die Küche war das Herzstück des Hauses. Das Wichtigste darin der Kochofen. Auf ihm wurde aber nicht nur gekocht, sondern auch die Küche und die Untere Stube beheizt, während der Backofen als Anbau hinter dem Haus stand. In der Küche finden sich typische Küchengerätschaften, wie Musrühre, Kartoffelpresse, Krauthobel, Backmulden, Bratpfannen, Pfannenhalter, Fruchtpresse, Mörser, Speckgabel, Mohnquetsche, Zuckerraspel (zum Zerkleinern von Zuckerrüben) und anderes. Weiterhin Körbe, Waschzuber, Dreibein, Glutschaufel, Teller- und Löffelbord, Kienspanhalter, Brotschieber, verschiedenes Tongeschirr, zum Teil mit Drahtkörben gefasst, um sie vor Bruch zu schützen, und mehr

Untere Stube

Unterhaseler Haus

An die Flurküche schließt sich die Untere Stube an. Der Ofen mit der „Hölle“, einem warmen Liegeplatz hinter dem Ofen, wird von der Küche aus beheizt. Eine Wasserblase, mit Waschzuber und Seifenhalter in der Nähe, sorgt für stets warmes Wasser. Über der Tür befindet sich ein immerwährender Kalender mit den Anfangsbuchstaben der Wochentage, beginnend bei S für Sonntag, während Tag, Monat und Jahr mit Kreide ergänzt wurden; neben der Tür hängt eine Geldkatze, ein schlauchartiger Gürtel zur Aufbewahrung von Geld oder kleineren wertvollen Gegenständen. Ein Kindertragemantel, eine Art doppelter Umhang, in den das Kind auf den linken Arm gesetzt und in den inneren Teil des Umhangs gewickelt wurde, sodass die Frau das Kind tragen und sich dennoch frei bewegen konnte, ist neben der Tür aufgehängt.

Web- und Spinnstube

Unterhaseler Haus

Die folgende Kleine Stube ist heute als Web- und Spinnstube eingerichtet. Anhand der verschiedenen Geräte werden hier die Stufen der Flachsbearbeitung gezeigt. Mit dem Reff oder Riffelbrett, das wie ein Kamm geformt ist, werden die Samenkapseln vom Stängel getrennt. Die getrockneten Kapseln wurden zu Saatgut oder Leinöl weiterverarbeitet. Die Stängel wurden gebündelt und zum Verrotten der holzigen Teile, dem sogenannten Rösten, einige Wochen im Freien in Wasser gelagert. Auf der Brake oder Breche wird die äußere Faser gebrochen, um den inneren holzigen Kern des Stängels zu zerkleinern. Erst dann wurden die Fasern auf dem Schwingbock mit der Flachsschwinge glatt- und weichgeklopft, um auch die letzten holzigen Reste der Stängel von den Fasern zu lösen. Beim nun folgenden mehrmaligen Hecheln wurden durch die Benutzung unterschiedlich bestückter Hecheln – mit mehr oder weniger, enger oder weiter sitzenden, spitzen Eisenstiften im Hechelbusch – der Flachs weiter ausgefasert. Die Fasern wurden erst grob, dann fein gezogen und glatt nebeneinandergelegt. Der Flachs war nun spinnfertig. Der Abfall „Werg“ wurde zur Herstellung von Säcken und ähnlichem aussortiert. Gesponnen wurde am Spinnrad, um die Flachsfasern zu einem endlosen Faden zusammenzubringen. Die Spinnerin zupfte aus dem Flachs, der auf dem Rocken des Spinnrades steckte, Fasern heraus und spann sie mit Hilfe des Rades, das ihr Fuß durch eine Tretvorrichtung in Bewegung setzte, auf der Spule zu Garn. Das Garn wiederum wurde von der Spule auf eine Weife mit Zählwerk aufgehaspelt, die angibt, wann, nach 60 Umdrehungen ein Gebinde voll ist. Nachdem das Garn gekocht, geblichen und zum Teil gefärbt wurde, konnte mit dem eigentlichen Weben auf dem Webstuhl (um 1800) begonnen werden. Zum Abmessen der Garn- bzw. Stofflänge wurde als Maß die Elle genutzt, wobei jede Stadt ihr eigenes Maß hatte. In der eingerichteten Webstube hängen fünf Ellen. Die Rudolstädter Elle war 56,4 cm lang.

Oberer Flur

Unterhaseler Haus

Von der Flurküche gelangt man in das Obergeschoss. Die Hochzeitstruhe, wie auch andere reich verzierte oder bemalte Gegenstände, z.B. Schränke, Mangelbretter oder Haubenschachteln wurden als Brautbeigabe in die Ehe eingebracht, zeigen die Freude am bildnerischen Gestalten ebenso wie das Bedürfnis nach gesellschaftlicher Repräsentation. Der über der Truhe angebrachte Tragkorb zeigt eine symbolische Darstellung des Lebensbaumes. Die Jagdtasche, auch als Hasensarg bezeichnet, und das Schäferzubehör (Schäferstab, Tasche, Zählzopf zum Zählen und Zuordnen der Tiere, Schafklapper) sind weitere Gegenstände der bäuerlichen Alltagswelt.

Eine auffällige Bemalung weist die Tür zum Dachboden auf, die Ende des 18. Jahrhunderts gefertigt und noch 1914 an dieser Stelle eingebaut wurde.

Wohnraum Altenteil

Unterhaseler Haus

Es schließt sich der sogenannte Altenteil, das heißt der Wohnraum der Großeltern, an, der über dem Stall gelegen war und durch diesen gewärmt wurde. Der Ofen gehörte nicht zu originalen Einrichtung des Hauses (Herkunft: Remda, Schenkung). Auch hier finden sich Gebrauchsgegenstände mit symbolischen Verzierungen, wie zum Beispiel der Lebensbaum aus einem Herz als Zeichen des Wachstums und der Fruchtbarkeit. Der reich verzierte Schrank ist von 1797. Mangelbrett, Mangelrolle und Mangeltuch sowie verschiedene Formen von Bügeleisen gehörten zum Alltag. Ein kleiner, beweglicher Armleuchter beleuchtete spärlich den Tisch zum Mangeln.

Schlafkammer Altenteil

Unterhaseler Haus

An den Wohnraum schließt sich die Schlafkammer der Großeltern an. Ein verziertes Baldachinbett, bemalte Truhe und Schrank und ein weiteres Bett füllen den Raum. Einflüsse höfischer Stile, wie zum Beispiel des Rokokos durch Elemente wie Rocaillen oder Kartuschen, sind erkennbar. In der Volkskunst wurden diese aufgenommen und eigenständig umgesetzt.

Vorratskammer

Unterhaseler Haus

Vom oberen Flur aus gelangt man in die Vorratskammer. Diese lag im Obergeschoss, über der Küche. Somit konnten Lebensmittel möglichst trocken gelagert werden. Neben den bereits in der Küche gezeigten Gerätschaften finden sich in der Vorratskammer Getreidemaße, reich verzierte Model aus dem 17. Jahrhundert (zum Beispiel für Spekulatius, Maultaschen und Butter), Kuchenbleche, runde Kuchenbretter und eine Fertschwäre (ein Gestell, in das fertige Kuchen geschoben wurden), Kuchenformen, Butterstampfe sowie verschiedene Keramiken.

Gute Stube

Unterhaseler Haus

Die reich vertäfelte Gute Stube ist der Schlafstube vorgelagert. Sie wurde nur an hohen Feiertagen, wie Ostern, Pfingsten, Weihnachten oder zu besonderen Familienfesten genutzt. Neben dem großen Napfkachelofen, dessen abgegebene Wärme durch die vertieften Kacheln größer war, ist der Raum durch einen großen Stubentisch, einem sogenannten Katzentisch (Klapptisch für Bedienstete oder Untergegebene), Stühle mit unterschiedlichen Sitzhöhen, eine bemalte Kommode und ein Hammerklavier (mit Gesangsbuch) ausgestattet. Ein Kupfergefäß zur Aufbewahrung von Lebkuchen oder Spekulatius, ein Barometer am Fenster, eine Schwarzwalduhr (Glockenspieluhr mit Mechanik aus Holz, Glocken aus Glas), einer Wärmflasche, eine Bilderbibel und ein Stundenglas vervollständigen die gehobene Ausstattung dieses Raumes.

Schlafstube

Unterhaseler Haus

Die Schlafstube weist ein Schrankbett, ein Kinderbett und eine Wiege auf. Daneben findet sich noch ein großer Schrank sowie ein Kindernachtstuhl. Alle Möbel sind aufwändig bemalt. Auf dem Schrankbett liegt eine mit einem Hochzeitspaar bemalte Haubenschachtel zur Aufbewahrung der Brauthaube der Bäuerin.

Innenhof

Unterhaseler Haus

Die Aufstellung der Gebäude folgte der regionalen Tradition eines Dreiseithofes. Die von den Häusern eingefasste Freifläche ist als Hofraum mit Brunnen und Pumpenstock gestaltet. Die gemauerte Toranlage und der Bauerngarten ergänzen die Anlage. Zwischen dem Unterhaseler und dem Birkenheider Haus befindet sich die Scheune. Zu sehen ist ein zweistöckiger Fachwerkbau mit Oberlaube Richtung Hof. Die Gefache der Scheune sind mit unterschiedlichen Kratzputzmustern und Segenssprüchen verziert. An dem Giebel ist das Gebälk und zwei Haussteine eines Bauernhauses aus Heilingen (1615 – 1619 erbaut) angebracht. Auf diesen ist nicht nur der Name des Besitzers, sondern auch ein Segensspruch zu lesen. Daneben befindet sich eine Weinkelter aus Tauschwitz (18. Jh.), die bis 1888 in Gebrauch war. An der Längsseite lehnen Ofenplatten des 17./ 18. Jahrhunderts. Eine Viehtränke fand direkt davor Aufstellung.

Unter einer kleinen Überdachung zwischen dem Birkenheider Haus und der Scheune steht eine Reihe von Bienenbeuten Für die Bienenvölker wurden Behausungen (Beuten) in unterschiedlichster Form erstellt. Die Beispiele hier zeigen einfache Holzkisten mit Strohverkleidung und ausgehölte Baumstämme, sogenannte Klotzbeuten. Neben der Eigenversorgung bot die Bienenzucht auch eine Erwerbsquelle, war doch bis zur Entdeckung der Zuckerrübe Mitte des 18. Jh. Honig das einzige erschwingliche Süßungsmittel für breite Bevölkerungsschichten. Neben der Erzeugung von Honig beinhalteten die Abgaben an die Kirche oft Bienenwachs.